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Nisthilfen für Wildbienen – aber richtig!

  • Wider dem "Alibi"-Naturschutz!

    Nisthilfen für Wildbienen - aber richtig!

Helfen – aber wie?

Im Zuge des gestiegenen Bewusstseins der Bevölkerung für Umwelt- und Klimafragen haben viele Menschen das Anliegen, etwas für die einheimische Tier und Pflanzenwelt zu tun. Dabei wird oft das gemacht/gekauft, was naheliegend erscheint, wie z.B. Vogelhäuser/Vogelfütterung, und auch sogenannte „Insektenhotels“. In den letzten drei Dürre-Sommern hat ein ausgesprochener Run auf diesbezügliche Angebote eingesetzt (wodurch im übrigen auch die Preise in teilweise absurde Höhen angezogen sind). Dabei fällt der gutwillige Gartenbesitzer leider nur zu oft auf kommerzielle Angebote herein, die teilweise von vollständiger Unwissenheit oder Ignoranz der Insektenbiologie geprägt sind. „Nützlinge“ fast jeder bekannten Insektenart  sollen auf einmal an der Wand des Gartenbesitzer ein Zuhause finden, von Schmetterlingen, Marienkäfern und Florfliegen bis hin zu Hummeln und Ohrenkäfern. Einige wesentliche Sünden sind rechts abgebildet.

Daher: Bieten Sie bitte nur geeignete Hilfen an! Leben und vermitteln Sie nur einen informierten, sinnvollen Schutz unserer Wildbienen, kein „Alibi“-Naturschutz! Das heißt auch: das Aufhängen eines (artgerechten) Bienenhotels in einem ansonsten insektenfeindlichen Garten ist Augenwischerei!

Artgerechte Nisthilfen - für welche Bienen sinnvoll?

Einmal ist klarzustellen, dass ein klassisches "Insektenhotel" (d.h. Nisthilfen, angebracht an sonnenexponierter Wand oder freistehend in einem Ständersystem)  i.W. nur für Wildbienen Sinn macht (Nisthilfen für andere Insekten sollten stattdessen, wenn überhaupt sinnvoll, eher an geeigneten Stellen im Garten verteilt werden). Genauer gesagt, handelt es sich um die kleine Gruppe der ursprünglich ca. 560 in unseren Breiten beheimateten Wildbienenarten, die u.a. in verlassenen Käferfraßgängen oder hohlen Pflanzenstengeln Ihre Nistwaben bauen.

In der traditionellen Kulturlandschaft haben diese Wildbienen genügend natürliche Nistmöglichkeiten gefunden. In den heutigen aufgeräumten und dicht bebauten Agrar- und Siedlungsräumen fehlen diese natürlichen Angebote aber zunehmend. Daher ist die Bereitstellung von Nisthilfen für diese Wildbienenarten ein sinnvoller Beitrag zum Naturschutz.

So wird's gemacht

Bereitgestellt werden müssen im Wesentlichen gerade, runde Brutgänge mit einem Durchmesser zwischen  1 mm und 9 mm. Während dabei Durchmesser von 7-9 cm oft von den häufigeren Mauerbienen genutzt werden, sollten vor allem auch die kleineren Durchmesser angeboten werden, von denen eher die selteneren Bienenarten profitieren.

Die Nisthilfen mit den größten Durchmessern eine Länge von mindestens 6 cm haben, wobei 8-10 vorteilhafter sind. Die kleineren können entsprechend kürzer sein; als Länge der Nisthilfe reicht i.d.R. die Länge des jeweiligen Bohrers (wenn in Holz gebohrt wird).

Die Bohrlöcher müssen komplett sauber sein (keine Splitter, Fasern etc.), da die Bienen sonst Ihre Flügel verletzten könnten (solche faserige Löcher werden i.d.R. daher auch gar nicht erst bezogen). Die Löcher/Röhren dürfen nach hinten hin nicht offen sein (z.B. durchgebohrte Holzblöcke). Wichtig: Alle Nistgänge müssen atmungsaktiv sein (keine Plexiglasröhrchen etc.), da die Niströhren sonst verpilzen und die Brut stirbt.

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, solche Nistgänge mit artgerechten Nisthilfen bereitzustellen, wodurch im Bienenhotel auch Abwechslung möglich wird. Die folgenden Nisthilfen würde ich aus Gründen der Praktikabilität und Einfachheit insbesondere nennen:

  • Hartholzblöcke mit Bohrlöchern. Basis ist gut getrocknetes, unbehandeltes Hartholz (Darrdichte > 0,55 g/m3, keine Nadelhölzer, z.B. Esche, Eiche, Buche,…). Ich halte den Bezug von industriell getrockneten Holzblöcken von Drechselholzversänden etc. (z.B. https://www.drechselholz-laschinger.de/) für am geeignetsten, da keine Risse mehr entstehen und die Blöcke zugesägt bestellt werden können. In diese Holzblöcke werden (sofern verfügbar mit einem Bohrständer) Löcher gebohrt. Das Bohrloch sollte durch Hin- und Herbewegen des Bohrers versäubert werden. Man sollte darauf achten, dass die Bohrer nicht überhitzten, da die Bohrlöcher dann oft verschmoren und dann zur Besiedelung unbrauchbar werden; zudem brechen die Bohrer bei Überhitzung oft, vor allem kleine Durchmesser (2-4mm). Eine Investition in neue Premium-Holzbohrer lohnt sich nach meiner Erfahrung sehr.
  • Niststeine aus gebrannten Ton. Solche Niststeine vereinen große Haltbarkeit, eine (im Vergleich zu Hartholzblöcken) sehr effektiven Flächenausbeute und einen geringen Preis. Wichtig ist, dass diese bei speziell geringer Brenntemperatur gebrannt wurden, damit sie atmungsaktiv sind. Ich empfehle Niststeine von Volker Fockenberg, wildbiene.de.
  • Pappröhrchen. Speziell angefertigte Pappröhrchen sind bei verschiedenen Online-Händlern bestellbar, vor allem 8mm (Mauerbienen), aber inzwischen auch kleiner (z.B. 4 mm und 6 mm). Obwohl nur „aus Pappe“, sind diese sehr robust und langlebig, haben gute Flächenausbeute und sind auch in der Pflege praktisch (können einzeln herausgenommen und gereinigt werden). Einziger Nachteil ist der hohe Preis (ca. 8-10 ct/Stück).
  • Hohle Pflanzenstängel. Waagerecht ausgerichtete Pflanzenstängel (Schilf, Bambus, Strohhalme). Auf richtige Durchmesser achten, das z.T. angebotene Bambus hat oft zu große Durchmesser  (>2 cm). Wichtig ist, unbeschädigte Halme zu verwenden und beim Schneiden gequetschte oder gesplitterte Schnittkanten zu vermeiden. Nach meiner Erfahrung geht dies am besten durch Absägen mit einer feinzahnigen Handsäge (Laub- oder Metallsäge). Nachteil ist, dass die Herstellung einer genügender Anzahl sauberer Halme recht zeitaufwendig ist, während gekaufte Halme teuer sind. Ich rate davon ab, die Halme hinten in der Nisthilfe zu befestigen (z.B. mit Gips), um die Pflege zu vereinfachen (Vogelschutz erfolgt durch Schutzgitter, s.u.).

Ich empfehle, die Nisthilfen in einer Rahmenkonstruktion anzubringen. Dadurch müssen sie nicht einzeln angebracht werden, der Rahmen gewährleistet einen (zusätzlichen) Regenschutz, und bei stark sonnenexponierten Nisthilfen kann direkte Sonne auf den Nisthilfen vermieden werden. Zudem kann ein Schutzgitter (z.B. Wühlmausgiiter, rostgeschütztes Metall, Maschenweite ca. 2 cm!) besser angebracht werden. Dieses sollte nach meiner Erfahrung auf jeden Fall verwendet werden, um die Nisthilfen vor Vögeln zu schützen (auch vor Kleinvögeln, z.B. Meisen). Das Gitter muss mindestens 3-5 cm Abstand von den Nisthilfen haben.

Die Nisthilfen bedürfen einer regelmäßigen Pflege, um eine gleichbleibende Zahl Nistmöglichkeiten zu bieten. Nach Schlupf der Jungbienen verbleiben in den Niströhren i.d.R. noch Reste von Verschlussmaterial, Pollen, Kokonhüllen etc. Da viele Wildbienen (insbesondere die häufigen Mauerbienen) Niströhren nicht reinigen, werden diese Röhren im nächsten Jahr z.T. nicht angenommen. Daher sollten Niströhren mit derartigen Resten außerhalb der Brutsaison (ca. November-Januar) vorsichtig gereinigt werden. Zudem sind ein kleiner Teil der Bruten auch erfolglos. Diese kann (und sollte) man identifizieren, in dem man in der Wintersaison alle besetzten Niströhren mit einer giftfreien Farbe (z.B. Fingerfarbe) mit einen kleinen Punkt markiert. Alle besetzten Nisthilfen, die im nächsten Winter mit diesem Punkt markiert sind, können gefahrlos ausgeräumt und gesäubert werden.

Insbesondere aufgrund des integrativen Ansatzes von Naturschutz empfehle ich zum Bienenhotel insbesondere die Anlage einer Wildblumenwiese oder –staudenpflanzung.

Nutzlose "Nisthilfe" die erste: faserige/gesplitterte Schilfhalme, Fichtenzapfen, und Lochziegeler

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Geeignete Nisthilfe: Niststein aus gebrannten Ton

Geeignete Nisthilfe: Pappröhrchen

Demonstrationsnisthilfe des Naturgarten e.V. mit Rahmenkonstruktion. Hier muss noch das Schutzgitter angebracht werden (Rahmen bezogen von Naturschutzcenter.de).

Sachgerechter Nistkasten mit Beobachtungsmöglichkeit. Hier sind die Brutröhren auch durch Plexiglas einsehbar, sind jedoch zum größten Teil mit Holz umschlossen und somit atmungsaktiv. Leider sind diese Nisthilfen (bei den mir bekannten Bezugsquellen) in den letzten Jahren geradezu prohibitiv teuer geworden, so dass ich sie momentan auch bei Kindergärten/KiTas nicht mehr einplane.

Große Nisthilfe in der Kita Schatzinsel in Oberursel, die nach Best-Practice-Standards gebaut wurde.

Nutzlose "Nisthilfe" die zweite: Gesplitterte, ausgefranste, oder
faserige Niströhren oder unsaubere Bohrlöcher.

Nutzlose "Nisthilfe" die dritte: Holzsplitter, Kiefernzapfen und
"Schmetterlingsüberwinterungshöhlen".

Geeignete Nisthilfe: Hartholzblöcke, mit oder ohne Bohrungen erhältlich

Nisthilfe im kleinen Rahmenhalterung: Niststein und Hartholzblock mit flächeneffizienten Bohrungsmuster mit der vollen Spanne der Bohrlochdruchmesser (2-9mm).

Zwei Mauerbienen bei der Paarung direkt nach dem Ausfliegen im März.

Zusägen von Schilfstängeln: spezielle Leiste mit Rinne, geeignete Sägen

Winterpflege der Nisthilfen: Farbtupfer auf bewohnten Nisthilfen. Rot = aktuelles Jahr; Blau = Markierung des letzten Winters, wird im Anschluss freigemacht