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Naturgartenkonzept

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    Das Naturgartenkonzept - Umdenken in der Gartengestaltung

Das herkömmliche Gartenkonzept

Fast jeder informierte Bürger sorgt sich heute neben Klimawandel auch um den Artenschwund – Biodiversität ist als Begriff in aller Munde. Viele wissen jedoch nicht, dass Sie auch durch die Gestaltung Ihres Gartens einen sinnvollen Beitrag für den Erhalt der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt leisten können. Stattdessen ist zu beobachten, dass die Gartengestaltung (bewußt oder unbewußt) im überwiegenden Maß althergebrachten Konventionen folgt, welche auf einem starren Ordnungs- und Nutzenprinzip und dem Prinzip „Gärtnern gegen die (freie) Natur“ beruht, das sich irgendwo zwischen einer barocken Parkanlage und einer konventionell bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzfläche bewegt.  Der aktuelle Trend der Schottergärten ist als offensichtliches Extrembeispiel in aller Munde – zahlenmäßig weit bedeutender dürften jedoch die große Anzahl konventioneller Gärten sein, die zwar nicht die ganze Fläche zu einer Geröllwüste machen, trotzdem jedoch einen geringen oder sogar negativen Nutzen für die einheimische Natur haben. Dies beruht darauf, dass sie, in mehr oder weniger großen Ausprägung, folgende Grundprinzipen und –Elemente beinhalten:

  • Verwendung von Hybriden (Züchtungen) und Exoten. Zum Teil geschieht dies aus der Tradition, den Garten als Hort besonderer oder edlere Gewächse im Vergleich mit dem "gewöhnlichen" Bewuchs jenseits des Gartenzauns zu sehen. Aber auch unbewußt erfolgt die Verwendung gebietsfremder Pflanzen: jede/r ist es gewohnt, für den Einkauf von Pflanzen für den Garten in den nahegelegenen Gartencenter oder Baumarkt zu fahren. Die dort verfügbaren Pflanzen blühen zwar opulent und sind auch sonst optisch optimiert, jedoch wissen die wenigsten, dass fast keine der dort verfügbaren Pflanzen bei uns heimisch ist.
  • Aufgeräumtheitsprinzip: die Beetgestaltung erfolgt oftmals nach einem Ordnungsprinzip, der der Aufgeräumtheit eines Wohnzimmers gleicht.
  • Schurrasen: Oftmals große (zentrale) Flächen des Gartens werden durch ein Einheitsgrün bedeckt, das in gleicher Weise pflegeaufwendig (mähen, düngen, sanden, vertikutieren…) wie artenarm ist.
  • Strenge Geometrie. Auch rein optisch folgen konventionelle Gärten oftmals einer strengen Geometrie, welches durch grade Linien und Formen geprägt sind, die nicht der Gestaltungsdynamik von Naturräumen entsprechen.
  • Verwendung von Bioziden. In der konventionellen Sichtweise müssen Gartenpflanzen kontinuierlich gegen die umliegende Natur geschützt werden, vor allem gegen diverse „Schädlinge“ (Blattläuse, Schnecken, Milben…). Dass diese ein natürlicher Bestandteil in ökologischen Nahrungsketten sind, wird ignoriert: sobald sich auf den Rosen die ersten Blattläuse zeigen, glaubt der Gartenbesitzer, eingreifen zu müssen. Die Notwendigkeit dazu ergibt sich zum Teil daraus, dass die hochgezüchteten Gartenpflanzen aus dem Gartencenter oft besonders anfällig gegenüber Schädlingen sind.

Das Naturgartenkonzept - Umdenken in der Gartengestaltung

Das Konzept des Naturgarten stellt das Ziel, mit der Gartengestaltung einen Beitrag zum Erhalt der einheimischen Artenvielfalt zu leisten, als (ein) wesentliches Ziel in den Vordergrund. Es bedeutet die Schaffung eines Rückzugsraum für die Natur und einen Naturerlebnisraums für den Menschen. Für eine detaillierte Beschreibung siehe www.naturgarten.org, ich fasse hier die zentralen Elemente zusammen:

  • Einheimische Wildpflanzen (indigene und archäophytische Arten[1]).
  • Anlage (verschiedener) naturnaher Lebensräume/ Pflanzengesellschaften (z.B. Blumenwiese, Trockenmauern, Mager/Trocken-Standorte, Naturteiche und –Sumpfbeete, Totholz)
  • Keine Verwendung von Bioziden oder Kunstdünger
  • Verwendung naturnaher und möglichst regionaler Materialen
  • Optische Gestaltung entsprechend Naturräumen, v.a. durch Verzicht auf gradlinige Geometrie.

Hintergrund zum Kernelement der Verwendung einheimischer Wildpflanzen ist, dass sich die in Mitteleuropa gewachsenen einheimischen Lebensgemeinschaften über Jahrtausende bzw- -millionen aufeinander eingestellt haben. Insbesondere im Bereich der Räuber- und Beute-Beziehungen hat sich durch die Koevolution über diese sehr langen Zeiträume ein zum Teil hoher Spezialisierungsgrad zwischen einzelnen Pflanzen- und Tierarten entwickelt. Beispielhaft sind u.a. viele Schmettlingsarten oder Wildbinenarten von einer oder wenigen einheimischen Pflanzen als Raupenfutterpflanze bzw. Pollensammelquelle abhängig. Einheimische Wildpflanzen im Garten zu pflanzen, bedeutet somit zumeist einen Doppeleffekt: zum einen direkt die Unterstützung der (ggf. gefährdeten) Pflanze, zum anderen auch einen Beitrag zum Erhalt der von dieser Pflanze abhängigen einheimischen Tierarten. Und schon kleine Flächen bringen wertvolle Beiträge, besonders da Insekten sehr mobil sind und sich in naturnahen Gärten schnell einstellen (jeder Quadratmeter zählt!). Durch diese Mobilität entsteht auch lecihter eine Biotopvernetzung. Unter Beachtung der hohen Bevölkerkerungsdichte und der ausgeprägter Gartenkultur in Deutschland kann davon ausgegangen werden, dass durch die naturnahe Umstellung von Privatgärten (und auch öffentlicher Grünflächen) potentiell ein signifikanter Beitrag zum Erhalt der einheimischen Biodiversität geleistet werden könnte.

Ein Naturgarten ist nicht mit einem naturbelassenen Garten gleichzusetzen, sondern folgt einem definierten Konzept und bedarf Fachkenntnis in Anlage und Pflege. Von daher ist das Hinzuziehen eines Naturgartenfachbetriebes stark zu empfehlen.

Der Naturgarten kann am ehesten als naturnaher Ziergarten bezeichnet werden. Aufgrund des Zieles, mit den verwendeten (einheimischer) Pflanzen möglich die einheimische Natur zu unterstützen, tritt das Ziel des Eigenanbaus von Obst und Gemüse im Naturgarten in der Regel etwas in den Hintergrund. Elemente eines naturnahen Nutzgartens (Biogarten) können aber gut mit einem Naturgarten kombiniert werden. Allerdings ist auch in einem biologischen Nutzgarten das Thema Pflanzenschutz, wenn auch so umweltschonend wie möglich, i.d.R. notwendiges Thema, während ein Naturgarten nach meiner Erfahrung ohne Mühe ohne Pflanzenschutz auskommt.

Ein Naturgarten bedeutet insgesamt auch kein „Privatnaturschutzgebiet“ ohne andere menschliche Nutzungen, sondern lässt sich mit vielen anderen Nutzungswünschen gut vereinbaren. So kann ein Naturgarten äußerst dekorativ gestaltet werden und kann daher ein sehr einladender Aufenthalts- und Ruheraum sein; daneben kann er auch Kindern einen vielfältigen Spielraum bieten (s.u.).

Im Vergleich zum traditionellen Gartenkonzept macht die Offenheit für natürliche Veränderungsprozesse der Vegetation den Naturgarten in meinen Augen interessant. Wiesen-, Beet- und Saumflächen entwickeln sich über die Jahre weiter, Pflanzen wie wilde Möhre oder die Königskerze kommen in manchen Jahren stärker und gehen dann wieder, und Wildblumen „springen von Topf zu Topf“ im Topfgarten. Dazu gehört ein bisschen "loslassen können": traditionell möchte der Gartenbesitzer, dass die Bepflanzung seines Gartens seiner (initialen) Planung folgt, beim Naturgarten lohnt es, sich von dieser Erwartung ein großes Stück zu lösen. Ein wesentlicher Vorteil neben der größeren Abwechslung sind auch tendenziell besser gedeihende Pflanzen, da sich ausgesähte Pflanzen gerade an den Stellen entwickeln, die für sie am geeignetsten sind. An die Trefferquote dieses Auswahlverfahrens kommt der Gartenbesitzer - je nach professioneller Unterstützung – zumeist nicht heran.

[1] Gemäß der Konvention des Naturgarten e.V. indigene und archäophytische Pflanzen Deutschlands, Referenzwerk Haeupler/Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Ulmer Verlag, Stuttgart 2007